ॐ मणिपद्मे हूँ
Zur Geschichte der Karma-Kagyü-Übertragungslinie
Inhalt

Übertragungslinie - wovon und wozu?

Der Lehrer für die Lehre: nicht notwendig, aber hilfreich
Der Lehrer für die Methode: unverzichtbar

Zur Geschichte der Kagyü-Linie

Die Spaltung der Karma-Kagyü-Linie
Die Karma-Kagyü-Linie im Westen

Die Organisation des Ole Nydahl

Zur Geschichte der Ole-Nydahl-Organisation
Die Ole-Nydahl-Organisation - eine Sekte?
Die Ole-Nydahl-Organisation – eine moderne europäische Form des Buddhismus?

Schlussbemerkung

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Vorbemerkung

Der nachfolgende Text wurde im Januar 2009 verfasst und seitdem nicht mehr wesentlich verändert, weswegen er auch nicht die gegenwärtige Sichtweise des Autors wiedergibt. Die externen Links werden nicht laufend auf ihre Aktualität hin überprüft und sind daher oft schon veraltet.
Zur Geschichte der Karma-Kagyü-Übertragungslinie

Übertragungslinie - wovon und wozu?

Eine Übertragungslinie im tibetischen Buddhismus ist eine mehr oder weniger institutionalisierte geschichtliche Abfolge von Ereignissen, bei denen tantrisch-buddhistische Lehren und Methoden von Lehrern auf ihre Schüler übertragen wurden und teilweise immer noch werden.

Der Lehrer für die Lehre: nicht notwendig, aber hilfreich

Als der historische Buddha Shakyamuni starb, ernannte er keinen Nachfolger, sondern gab denen, die seinem Beispiel folgen wollten, seine Lehre als Richtschnur. Diese wurde dann von Shakyamunis Schülern getreu memoriert, in späteren Jahrhunderten auch aufgezeichnet. Sie steht uns heute in nach den modernen Methoden der Textkritik erstellten Ausgaben zur Verfügung. Brauchen wir dann noch einen lebenden buddhistischen Lehrer?

Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, habe ich den Eindruck, bei Lehrern, zu denen ich einen „persönlichen Draht“ hatte, mehr gelernt zu haben. Auch beim Universitätsstudium waren Vorlesungen für mich eine Methode, mir leichter Wissen anzueignen als durch bloße Lektüre von Fachbüchern. Andere Leute hingegen kamen gut damit aus, nur aus Büchern zu lernen.

Buddhistische Philosophie kann als Fachgebiet wie jedes andere gesehen werden. Von einem kompetenten Lehrer angeleitet zu werden, kann hilfreich sein, ist aber zur Aneignung des Fachwissens nicht zwingend erforderlich. Die Lektüre authentischer buddhistischer Lehrtexte allein kann, wenn sich das richtige Verständnis hierfür im Geist des Lesers einstellt, durchaus zum Erreichen des Zieles des Buddhawegs, Befreiung und Erleuchtung zu erlangen, führen. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass sich dieses richtige Verständnis bei einem modernen europäisch geprägten Menschen spontan einstellt, ist als extrem gering einzuschätzen.

Insbesondere christliche Vorstellungen, die, darüber sollte sich niemand hinwegtäuschen, auch Europäer, die sich als Atheisten verstehen, in großem Umfang mit sich herumschleppen, können sehr hinderlich sein, da die Ähnlichkeiten zu buddhistischen Lehrkonzepten über die elementaren Unterschiede hinwegtäuschen kann. Beispielsweise unterscheiden sich christliche und buddhistische Moral inhaltlich kaum, die Rolle von Moralität an sich ist aber im Buddhismus eine andere, nämlich die eines fakultativen Hilfsmittels und nicht einer Obliegenheit. Auch der Weg der christlichen Mystik führt zu einer Form von Erleuchtung, diese aber ist als eine Union mit Gott definiert, die notwendig nur temporär sein kann: Der Mensch wird nicht dauerhaft zu Gott. Auf dem Buddhaweg hingegen kann man (ein) Buddha werden. Dies sind nur zwei Beispiele. Wenn man es als Europäer mit der Buddhalehre versucht, wird man sehr viele Situationen entdecken, wo sich europäische Denkkonzepte für das Verständnis als hinderlich erweisen. Jemand, der solche Erfahrungen auf dem Weg selbst gemacht hat, kann einem manches erleichtern und einen auch generell ermutigen.

Der Lehrer für die Methode: unverzichtbar

Weil es überaus unwahrscheinlich ist, dass jemand allein durch die Lektüre von Texten Befreiung und Erleuchtung erlangt, lehrte der Buddha die Methode des Dhyana, was man mit Meditation übersetzt. Auch wenn man die Idee, die sich dahinter verbirgt, anhand von Texten theoretisch erfassen kann, muss man sich praktisch darin üben. Man kann hier zum Vergleich die Praxis des Hatha-Yoga heranziehen: es gibt sehr viele anschaulich bebilderte Bücher mit Beschreibungen der Yoga-Körperstellungen. Diese muss man zunächst einmal einnehmen. Dabei ist die Gefahr sehr groß, dass man, wenn man diese Positionen nur aufgrund ihrer Beschreibungen in einem Buch einzunehmen versucht, Fehler macht, die Haltungsschäden nach sich ziehen. Buddhistische Meditation mag man sich anfänglich als eine abstraktere Sache vorstellen als Hatha-Yoga, das ist aber nicht der Fall. Meditation ist eine Technik, die viel weiter geht als Körperbeherrschung und Handwerkskunst, sie bezieht sich auf das menschliche Leben in seiner Ganzheit. Sie in den Alltag eines modernen Menschen zu integrieren ist alles andere als trivial.

Es bleibt jedem unbenommen, buddhistische Meditation ohne praktische Anleitung auszuprobieren: man wird meist nicht viel Effekt damit erzielen. Im günstigeren Fall wird man zur vermeintlich erwiesenen Ansicht gelangen: Meditation führt zu nichts besonderem, man könnte genauso gut ganz unformal auf dem Kissen sitzen und nachdenken. Schlimmstenfalls bewirkt das ungewohnte stille Sitzen Wahrnehmungsstörungen und Visionen, die dazu führen können, dass man sich für spirituell weit fortgeschritten hält.

Meditation als Mittel auf dem Weg zur Buddhaschaft  muss man von einem verwirklichten Meister erlernen. Verwirklicht heißt: der Lehrer hat die Meditation selbst erlernt, angewandt und den erstrebten Effekt damit erzielt. Das heißt auch, dass der Meister Meditationsmethoden anwendet und lehrt, die geeignet und von erprobter Effizienz sind. Der Schüler wendet dann die ihm vom Meister empfohlene Meditationsmethode an und erhält vom Meister ein Feedback, aufgrund dessen er in seiner Praxis Korrekturen vornehmen kann.

Als Anfänger weiß man natürlich nicht, ob ein Lehrer die nötigen Qualitäten und Methoden mitbringt. Die Situation ist ähnlich, wie wenn man einen Arzt oder Handwerker benötigt. Hier kommt der Nutzen einer buddhistischen Übertragungslinie ins Spiel: ebenso, wie man in Mitteleuropa ein Ausbildungssystem für Ärzte und Handwerker hat, gibt es bei den Tibetern so etwas wie ein Ausbildungssystem für Meditationsmeister. Einige Aspekte dieses Systems mögen einem Europäer mystisch und irrational vorkommen, so z.B. die Institution der Reinkarnationslinien. Es ist aber nicht so, dass die neu aufgefundene Wiedergeburt eines verstorbenen Meisters einfach so Aufgaben und Befugnisse der früheren Inkarnation übernimmt: sie erhält eine fundierte Ausbildung von den besten und ranghöchsten Schülern ihres Vorgängers. Auch wenn man nicht an Reinkarnation glaubt, kann man sich vorstellen, dass dieses System qualifizierte Ergebnisse bringt, zumal die Tests, denen die als Kandidaten ausgewählten Kinder unterzogen werden, auch als Tests hinsichtlich Intelligenz und Einfühlungsvermögens gedeutet werden können.

Obwohl wir also ebenso sehr oder sogar noch mehr auf das Prinzip der Übertragungslinie der tibetischen Meditationsmeister vertrauen können wie auf das Ausbildungsprinzip im europäischen Handwerk, sind wir auch hier nicht ganz vor Hochstapelei und Pfusch geschützt. Oft verstehen Europäer die Hierarchie der tibetischen Schulen nicht auf Anhieb, so dass sie quasi Meister und Gesellen nicht voneinander unterscheiden können.  Nicht jeder, der den Titel „Lama“ trägt, ist ein erfahrener Meditationsmeister.

Zur Geschichte der Kagyü-Linie

Die Kagyü-Linie ist eine Übertragungslinie des tibetischen Buddhismus, die sich als vom historischen Buddha Shakyamuni ausgehend versteht. Nachweislich beginnt sie mit den indischen Gelehrten Tilopa und Naropa. Naropas Schüler Marpa brachte die Übertragungen nach Tibet, wo sie bis in die heutige Zeit lebendig geblieben sind. Menschen, die die gesamte Übertragung der Linie erhalten hatten, konnten zu „Linienhaltern“ werden. Für die Karma-Kagyü-Linie sind dies:

Tilopa 988  - 1069
Naropa 1016 - 1100
Marpa 1012 - 1097
Milarepa 1052 - 1135
Gampopa 1079 - 1153
1. Karmapa, Düsum Khyenpa 1110 - 1193
Drogön Retschen 1148 - 1218
Pomdragpa 1170 - 1249
2. Karmapa, Karma Pakschi 1204 - 1283
Drubtob Urgyenpa 1230 - 1312
3. Karmapa, Rangjung Dorje 1284 - 1339
Gyalwa Jungtönpa 1296 - 1376
4. Karmapa, Rölpe Dorje 1340 - 1383
2. Shamarpa, Katschö Wangpo 1350 - 1405
5. Karmapa, Deschin Schegpa 1384 - 1415
Rintschen Zangpo (Ratnabhadra) 15. Jahrh.
6. Karmapa, Thongwa Dönden 1416 - 1453
Bengar Jampal Zangpo 15./ 16. Jahrh.
1. Gyaltsab Paljor Döndrup 1427 - 1489
7. Karmapa, Tschödrag Gyamtso 1454 - 1506
Sangye Nyenpa, Taschi Paljor 1457 - 1525
8. Karmapa, Mikyö Dorje 1507 - 1554
5. Shamarpa, Köntschog Yenlag 1526 - 1583
9. Karmapa, Wangtschuk Dorje 1556 - 1603
6. Shamarpa, Tschökyi Wangchuk 1584 - 1629
10. Karmapa, Tscöying Dorje 1604 - 1674
7. Shamarpa, Yesche Nyingpo 1631 - 1694
11. Karmapa, Yesche Dorje 1676 - 1702
8. Shamarpa,Tschökyi Döndrub 1695 - 1735
12. Karmapa, Tschangtschub Dorje 1703 - 1732
8. Situpa, Tschökyi Jungne 1700 - 1774
13. Karmapa, Düdül Dorje 1733 - 1797
10. Shamarpa, Tschödrub Gyamtso 1742 - 1792
9. Situpa, Pema Nyintsche Wangpo 1774 - 1853
14. Karmapa, Thegtschog Dorje 1798 - 1868
1. Jamgön Kongtrul Lodrö Thaye 1813 - 1901
15. Karmapa, Khakyab Dorje 1871 - 1922
11. Situpa, Pema Wangtschog 1886 - 1952
2. Jamgön Kongtrul, Khyentse Öser 1904 - 1953
16. Karmapa, Rangjung Rigpe Dorje 1923 - 1981

Wer sich für mehr Details interessiert, kann sich im Internet informieren [1]. Ich möchte hier nur auf einige wenige Persönlichkeiten kurz eingehen:

Naropa war ein bedeutender Gelehrter an der seinerzeit angesehensten buddhistischen Lehrinstitution, der Nalanda-Klosteruniversität in Nordindien. Als er für sich feststellte, zwar großes Wissen, aber nicht die nötig tiefe Einsicht in die Natur des Geistes zu besitzen, entsagte er seiner angesehenen Stellung und wurde ein wandernder Yogi. Er traf seinen Lehrer Tilopa und wurde von diesem jahrelang schikaniert, bis er spontan Erleuchtung erlangte.

Marpa war Tibeter. Als er jünger war, verbrachte er viele Jahre in Indien, wo er Belehrungen durch Naropa und andere buddhistische Meister erhielt, die er nach Tibet brachte. Dort lebte er dann als Landwirt, Übersetzer und Dharmalehrer. Aufgrund seines in dieser Lebensphase gepflegten weltlichen Lebensstils nehmen Laienbuddhisten gerne Bezug auf ihn.

Milarepa hatte, bevor er sich dem Dharma zuwandte, als Schwarzmagier schädliche Handlungen ausgeführt, weshalb ihn sein Lehrer Marpa zunächst sehr hart behandelte. Nachdem er Verwirklichung erlangt hatte, lebte er vorzugsweise als Eremit in Höhlen. Er gilt als „Tibets großer Yogi“.

Gampopa war ausgebildeter Arzt. Er begründete die klösterliche Tradition der Kagyü-Linie, die nach Gampopas Heimatregion Dhagpo als Dhagpo-Kagyü bezeichnet wird.

Der 1. Karmapa, Düsum Khyenpa, war der Begründer der Reinkarnationslinie der Karmapas und zugleich der Begründer des Systems der bewussten Wiedergeburten im tibetischen Buddhismus, das man auch „Tulku-System“ nennt, überhaupt. Auf ihn geht die Karma-Kagyü-Linie zurück.

Der 2. Karmapa, Karma Pakshi, prophezeite, dass sich zukünftig die Karmapas in zwei Formen reinkarnieren würden. Die zweite Reinkarnationslinie ist die der Shamarpas. Die Shamarpas übernahmen dann auch herausragende Funktionen in der Karma-Kagyü-Linie, bis der 10. Shamarpa, Chödrub Gyamtso, in eine Intrige gegen den damaligen Dalai Lama verwickelt wurde, aufgrund derer die Gelugpa-Regierung Tibets zukünftige Reinkarnationen Shamarpas gesetzlich verbieten ließ[2].

Der 16. Karmapa, Rangjung Rigpe Dorje, war nach dem Verlust Tibets eine wichtige Integrationsfigur für die tibetische Exilgemeinde. Er war es auch, der die Kagyü-Linie in den Westen brachte.

Die Spaltung der Karma-Kagyü-Linie  [3]

Nach dem Tod des 16. Karmapa im Jahr 1981 wurde kein alleiniger Linienhalter eingesetzt. Stattdessen gab es vier Linienhalter: den 14. Shamar Rinpoche (*1952), den 12. Tai Situ Rinpoche (*1954), den 12. Gyaltsab Rinpoche (*1959) und den 3. Jamgon Kongtrul Rinpoche (1954-1992). Diese vereinbarten, einen Regentschaftsrat zu bilden, bis der 17. Karmapa gefunden würde. 1992 legte Situ Rinpoche einen Brief vor, den er dem 16. Karmapa zuschrieb. Darin wurden Hinweise auf ein in der tibetischen Provinz Kham lebendes Kind als Reinkarnation Karmapas gegeben, das er als Urgyen Trinley Dorje (*1985) identifiziert hatte. Shamar Rinpoche hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Hinweise auf ein anderes Kind als wahrscheinliche Reinkarnation Karmapas erhalten, den in Lhasa lebenden Trinley Thaye Dorje (*1983). Außerdem bezweifelte er die Echtheit des Briefes. In der Folge entstand eine Kontroverse, die zur Folge hatte, dass beide Kinder von verschiedenen Parteien in die Position des 17. Karmapa eingesetzt wurden[4]. Dies hatte auch rechtliche Streitigkeiten um das materielle Erbe des 16. Karmapa zur Folge.

Die Karma-Kagyü-Linie im Westen

Der 16. Karmapa, Rangjung Rigpe Dorje sandte 1967 zwei inkarnierte Meditationsmeister, Akong Tulku Rinpoche (*1939) und Chögyam Trungpa Rinpoche (1939-1987) nach Schottland, wo sie das erste tibetisch-buddhistische Kloster in der westlichen Welt gründeten.

Chögyam Trungpa Rinpoche heiratete 1969 eine Engländerin und ging mit ihr in die USA. 1974 gründete er in Boulder (Colorado) das Naropa-Institut. In der Folgezeit spielte er eine nicht unbedeutende Rolle im gesellschaftlichen Leben der kulturellen Avantgarde Amerikas. Seine unkonventionellen Lehrmethoden, sein Alkoholkonsum und seine sexuellen Kontakte zu einigen seiner Schülerinnen führten später in den USA zu einem Vertrauensverlust in ihn und den tibetischen Buddhismus überhaupt, der seinen Höhepunkt erreichte, als Trungpas Nachfolger, der Italo-Amerikaner Thomas Rich (1943-1990), an AIDS erkrankte und 1990 daran verstarb, nachdem er die HIV-Infektion zahlreicher Partner wissentlich in Kauf genommen haben soll[5]. Trungpas Organisation, Shambhala, wird heute von seinem Sohn Sakyong Mipham Rinpoche (*1962) geleitet, der zusammen mit anderen herausragenden Schülerinnen und Schülern Trungpas, wie z.B. Pema Chödrön (*1936), einiges an Vertrauen zurückgewinnen konnte.

1975 wurde Gendün Rinpotsche (1917-1997) vom 16. Gyalwa Karmapa Rangjung Rigpe Dordje gebeten, nach Europa zu gehen und dort den Dharma zu lehren. Gendün Rinpotsche und Jigme Rinpotsche (*1949), ein Neffe des 16. Karmapa, bauten daraufhin in der französischen Region Dordogne das Zentrum auf, das der Hauptsitz der Karma-Kagyü- Überlieferungslinie in Europa wurde: Dhagpo Kagyü Ling. Um dieses Zentrum herum bildete sich in der Folgezeit das Dhagpo-Kagyü-Mandala. Seit 1984 wird dort auch für Europäer die traditionelle Ausbildungsform der Dreijahres-Meditationszurückziehung angeboten. Nach 1992 etablierte sich in der Auvergne eine buddhistische Klostergemeinschaft. Viele der von Gendün Rinpotsche und seinen Nachfolgern ausgebildeten Europäer tragen den Titel „Lama“ und unterrichten heute in verschiedenen Regionen des Kontinents.

Mit dem Auftreten der Karma-Kagyü-Linie in Europa verbinden viele heute ganz vorrangig den Namen eines anderen Schülers des 16. Karmapa, des Dänen Ole Nydahl. Er verdient es, dass man ihm ein eigenes sehr großes Kapitel widmet.

Die Organisation des Ole Nydahl

Die »Wege«. – 

Die angeblichen »kürzeren Wege« haben die Menschheit immer in große Gefahr gebracht; sie verläßt immer bei der frohen Botschaft, daß ein solcher kürzerer Weg gefunden sei, ihren Weg – und verliert den Weg.


Friedrich Nietzsche: "Morgenröte", 55


Zur Geschichte der Ole-Nydahl-Organisation  

Ole Nydahl wurde 1941 nahe Kopenhagen geboren. In den 1960er Jahren studierte er Deutsch, Englisch und Philosophie in Kopenhagen, Tübingen und München. Danach arbeitete er für kurze Zeit als Lehrer an einem Abendgymnasium[6]. Während seines Studiums konsumierte er nach eigenem Bekunden reichhaltig Drogen, vor allem Cannabis und LSD.

Nach ihrer Hochzeit im Jahr 1968 reisten Nydahl und seine Frau Hannah (1946-2007) nach Nepal, wo sie erstmals mit dem tibetischen Buddhismus in Kontakt kamen. Auf einer 1969 zum Zweck des Drogenschmuggels unternommenen weiteren Nepalreise lernte das Paar den Kagyü-Lama Lopön Tsechu Rinpoche (1918-2002) kennen. Nach Verbüßung einer Haftstrafe reiste das Paar zum dritten Mal zwecks Drogeneinkaufs nach Nepal. Diesmal lernten sie den 16. Gyalwa Karmapa Rangjung Rigpe Dordje kennen und wurden zu seinen Schülern. Danach nahmen sie vom Drogenhandel Abstand. In der Folgezeit nahmen sie in verschiedenen Himalayaklöstern an Meditationszurückziehungen teil, absolvierten aber keine traditionelle Ausbildung zu buddhistischen Lehrern.  

Im Herbst 1972 sandte der 16. Gyalwa Karmapa Ole und Hannah Nydahl versehen mit einem Empfehlungsschreiben an die dänische Königin zurück nach Kopenhagen, um dort in seinem Auftrag ein buddhistisches Zentrum aufzubauen. In den darauf folgenden Jahren beteiligten sich die Nydahls wesentlich am Aufbau buddhistischer Zentren der Karma-Kagyü-Linie in Skandinavien und im deutschsprachigen Raum. Einige dieser neu entstandenen Meditationszentren wurden 1974 und 1977 vom 16. Karmapa besucht. Auch andere ranghohe Kagyü-Lamas wie z.B. Shamar Rinpoche, Jamgon Kongtrul Rinpoche, Tenga Rinpoche (*1932) und Lopön Tsechu Rinpoche verlegten einen Teil ihrer Aktivitäten in den mitteleuropäischen Raum. Bis zum Tod des 16. Karmapa war klar, dass die europäischen Karma-Kagyü-Zentren unter dessen Leitung standen. Nach 1981 wurde die Lage dann unübersichtlicher.  

Aus Äußerungen Nydahls[7] geht hervor, dass er sich von Anfang an als vom 16. Karmapa beauftragt betrachtet hat, in Mitteleuropa als Gründer und Leiter von Zentren und Aktivitäten der Karma-Kagyü-Linie aufzutreten, die in einer neuartigen Form des Laienbuddhismus geführt werden sollten. Wie mir von Leuten berichtet wurde, die in dieser Zeit schon mit der Kagyü-Linie in Verbindung standen, war es anfänglich jedoch nicht allgemein klar, dass Nydahl eine solche Rolle ausüben sollte. Es wurde vielfach davon ausgegangen, dass es sich um Meditationszentren handelte, in denen ein breites Spektrum von Lehrern der Kagyü-Linie unterrichten sollte, was faktisch ja auch so gehandhabt wurde. Nydahl selbst begann erst in den 1980er Jahren, den Titel eines „Lama“ zu führen. Es gab für die Praktizierenden der damaligen Zeit keinen Grund, sich als Nydahls Schüler zu betrachten. Nydahls Führungsanspruch traf zwangsläufig auch auf Widerstand. Seine dennoch starke Position in den mitteleuropäischen Kagyü-Zentren verdankte Nydahl wohl vor allem seiner starken persönlichen Aktivität und Präsenz vor Ort. Nach dem Fall des Ostblocks dehnte Nydahl seine Aktivitäten sehr frühzeitig auch noch auf Osteuropa und ganz Russland aus.  

Mit dem Konflikt um die Anerkennung des 17. Karmapa in Asien kam es auch zu einer Spaltung der mitteleuropäischen Kagyü-Anhängerschaft, vor allem, weil sich Tenga Rinpoche, der hier viele Schüler hatte, für Urgyen Trinley Dorje aussprach, während sich Nydahl wie  Shamar Rinpoche und Lopön Tsechu Rinpoche für Trinley Thaye Dorje erklärte. Durch seinen entschlossenen persönlichen Einsatz konnte Nydahl erreichen, dass der Großteil der mitteleuropäischen Kagyü-Zentren unter die Schirmherrschaft Trinley Thaye Dorjes kam. Als rechtlicher Rahmen wurde der »Karma-Kagyü-Dachverband« (KKD) gegründet. Wohl auch aufgrund der Erfahrungen dieser Zeit verstärkte Nydahl seine Führungsposition in den Zentren. Man begann, die Aktivitäten tibetischer Lehrer einzuschränken. Während man vorher im traditionellen Stil der Pujas praktiziert hatte, entwickelte man nun aus inhaltlichen Elementen der traditionellen tibetischsprachigen von allen Praktizierenden gemeinsam gesungenen Pujas von einem Vorleser angeleitete geführte deutschsprachige Meditationen. Auch deswegen kam es nun zu Auseinandersetzungen innerhalb der unter der Schirmherrschaft Trinley Thaye Dorjes stehenden mitteleuropäischen Kagyü-Zentren. Mitte und Ende der 1990er Jahre kristallisierten sich Gruppen heraus, die im traditionellen Stil unter der Anleitung auch tibetischer Meister weiter praktizieren wollten. Diese lieferten sich mit den von Nydahl beherrschten Gruppierungen auch rechtliche Streitigkeiten, vor allem um Immobilien.  

Während die Kagyü-Gruppen in den ersten beiden Jahrzehnten meist in privaten Wohnzimmern Platz fanden,  kam es 1990er Jahren zu einem rasanten Mitgliederzuwachs, den sich Nydahl sicher nicht zu Unrecht auf seine Fahnen schreibt. Auch die leichtere Zugänglichkeit (im Vergleich zu den Originalpraxisformen) der deutschsprachigen geführten Meditationen, an denen jeder sofort teilnehmen kann, mag hier eine Rolle gespielt haben.  

Anfang dieses Jahrhunderts schlossen sich die Nydahl-Anhänger im »Buddhistischen Dachverband Diamantweg« (BDD) zusammen. Die ebenfalls neu gegründete »Buddhismus Stiftung Diamantweg« besitzt die Immobilien der Nydahl-Gruppen. Sie steht laut ihrer Satzung[8] in Nydahls direkter Verfügungsgewalt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt kann man von einer „Ole-Nydahl-Organisation“ sprechen. Wenn auch heute noch die meisten der unter Nydahls Leitung stehenden Zentren in Deutschland den Namen „Buddhistisches Zentrum der Karma-Kagyü-Linie e.V.“ tragen, bedeutet das eben nicht, dass es sich bei ihnen um Meditationszentren handelt, die allen Meditationsmeistern und Praktizierenden dieser Linie offen stehen, um das gesamte Spektrum ihrer Lehren und Meditationspraktiken dort einzubringen.  

Wohl auch aufgrund der vergangenen Streitigkeiten hat sich heute in den Nydahl-Gruppen eine Umgangsform herauskristallisiert, die tendenziell von einer unterschwellig kämpferisch-wachsamen Grundhaltung geprägt ist, die man auch als sektiererisch interpretieren kann. Wenn man in den Google z.B. die Begriffe „Nydahl“ und „Kritik“ oder „Nydahl“ und „Sekte“ eingibt, findet man diesbezüglich im Internet allerlei Polemik[9].   

Die Ole-Nydahl-Organisation -  eine Sekte?                                                  

Ich möchte hier kurz anhand von Kriterien, die die Schweizer Evangelische Informationsstelle aufgestellt hat[10] untersuchen, ob die Ole-Nydahl-Organisation als Sekte zu betrachten ist. Diese Kriterien sind das Vorhandensein

1) einer Führungspersönlichkeit, deren Aussagen nicht hinterfragbar sind und der allfällige Verehrung zukommt.

2) von Regulationen für viele Bereiche des Lebens.

3) eines (institutionalisierten oder informellen) Kontrollmechanismus zur Überwachung des Verhaltens der einzelnen Mitglieder.

4) eines Elitebewusstseins der Organisation.

5) einer Innen-Außen-Spaltung mit Abwertung der Außenwelt, einr systematischen Abwertung des bisherigen Lebens.

6) von Endogamie, d.h. einem Verbot oder die Ächtung von Liebesbeziehungen zu Außenstehenden.

7) hoher zeitlicher Inanspruchnahme der Mitglieder.

8) von z. T. auch weitgehender In-Dienst-Nahme der finanziellen Ressourcen der Mitglieder.  


zu 1) Dies trifft in ziemlich starkem Maße zu. In den Nydahlgruppen wird fast alles, was „Lama Ole“ sagt und tut, für außerordentlich richtig und spektakulär wichtig gehalten. Wenn  in Diskussionen jemand das Argument „Ole hat gesagt, …“  anbringen kann, hat er fast automatisch gewonnen. Was Ole gesagt hat, gilt als unanfechtbar. Darum sind die Nydahlleute bei ihren Auseinandersetzungen und der Pflege ihrer internen Feindschaften immer bestrebt, eine Äußerung Nydahls zu ihren Gunsten zu erhaschen. Viele Fragen, die Nydahl am Ende seiner Vorträge gestellt werden, sind so motiviert. Allenfalls Nydahls politische Ansichten (derentwegen er so oft angefeindet wird) werden ostentativ nicht geteilt – dies aber gesteht Nydahl seinen Anhängern auch ausdrücklich zu.

zu 2) Dies trifft überhaupt nicht zu, eher im Gegenteil: Hinsichtlich Fleisch- und Alkoholkonsum relativiert Nydahl teilweise die Empfehlungen zum Verzicht, die auf den historischen Buddha zurückgehen – er ist insoweit „liberaler“ als die meisten anderen buddhistischen Richtungen. Noch mehr gilt diese „Liberalität“ für den Bereich des sexuellen Verhaltens – exzessives Ausleben der Sexualität wird  stark befürwortet.

zu 3) Abgesehen von der Klatschsucht Einzelner, die es überall gibt, kann man in diesem Bereich bei den Nydahlleuten keine Probleme bekommen. Auch Leute, die sich ein halbes Jahr nicht bei der Meditation haben blicken lassen, werden auf der Straße freundlich begrüßt. Es besteht wenig Gruppendruck, an Veranstaltungen der Gruppe teilzunehmen.

zu 4) Das wiederum ist bei den Nydahlleuten sehr ausgeprägt. Äußerungen wie „Wir sind die Elite“ oder „die Gesellschaft wird uns sehr bald schon sehr dringend brauchen“ hört man von Nydahl und seinen Anhängern ständig.  Es herrscht die Ansicht, dass man so etwas wie eine Avantgarde darstelle, welche berufen sei, die durch naives Gutmenschentum geschwächte, aber erhaltenswerte westliche Gesellschaftsordnung in ihrem als bald unvermeidlich betrachteten Abwehrkampf gegen totalitäre Bedrohungen  (womit sie vor allem den Islam meinen) zu schützen[11]. Es besteht zudem die Ansicht, dass man so etwas wie eine „Elite des Buddhismus“ bilde, berufen, den in Asien im Niedergang begriffenen Buddhismus in Europa zu erneuern und dann wieder an Asien zu vermitteln[12]. Andere traditionelle buddhistische Richtungen werden abgelehnt oder jedenfalls als minderwertig betrachtet. Die Institution des Mönchtums im Vajrayana wird als asiatisches Kulturrelikt angesehen, das für den Westen ungeeignet sei. Selbst den anderen Übertragungslinien des tibetischen Buddhismus wird oft mit Geringschätzung begegnet[13]. Die Haltung lässt sich in etwa so auf den Punkt bringen: „wir sind die Kagyüs, wir sind die Elite“ (und „Lama Ole ist der Mann, der den Buddhismus nach Europa gebracht hat“).

zu 5) Vermutlich bezieht sich dieses Kriterium auf eine eventuelle Ablehnung der „bürgerlichen Gesellschaft“. Dann wäre anzumerken, dass so etwas bei den Nydahlleuten ganz und gar nicht der Fall ist. Gruppenmitglieder, die im bürgerlichen Leben Erfolg haben, gelten bei Nydahl sogar mehr als Leute, die in den Gruppen viel Arbeit erledigen und noch wesentlich mehr als Leute, die Kenntnisse der buddhistischen Lehre oder gute Ergebnisse in ihrer Meditationspraxis erzielt haben. Nydahl bezieht sich oft auf seinen Vater, der unzählige Germanistikbücher verfasst habe. Er rühmt sich, in seinen  Gruppen die besten „Träger der Gesellschaft“[14] zu beherbergen. 

Es gibt hingegen, wie bereits erwähnt, eine starke Ablehnung der „buddhistischen Außenwelt“, insoweit distanzieren sich Nydahlleute auch von ihrem „Vorleben“ – die Aussagen z.B. in Büchern anderer buddhistischer Lehrer, die sie vor ihrem Eintritt in die Nydahl-Organisation kennen gelernt hatten, erachten Gruppenmitglieder oft als nicht mehr relevant, jedenfalls dann nicht, wenn sich Widersprüche mit Nydahls Ansichten ergeben.

zu 6) In diese Richtung gibt es zumindest eine Tendenz, wenn auch von Verbot und Ächtung nicht die Rede sein kann. Sexuelle Beziehungen unter Gruppenmitgliedern werden stark ermutigt, daraus ergeben sich viele Ehen und Dauerbeziehungen. Auch tendieren Nydahlleute stark dazu, ihre religiös anders orientierten Partner in die Gruppe hineinzubringen. Auf der anderen Seite sind mir auch Gruppenmitglieder bekannt, deren langjährige Lebenspartner Nydahl immer ablehnend gegenüber standen. Es wird niemand vor die Alternative gestellt, sich zwischen der Gruppe und einem solchen Partner entscheiden zu müssen.

zu 7) Es wird niemand gezwungen, Aufgaben für die Gruppe zu übernehmen. Manche opfern der Gruppe ihre ganze Freizeit, andere beteiligen sich fast überhaupt nicht. Dies dürfte der Situation in einem ganz normalen Allerweltsverein entsprechen.

zu 8) Auch hier muss man Nydahl gänzlich entlasten: niemand wird in seinen Gruppen nach der Höhe seines Einkommens und Vermögens gefragt. Man kann monatelang jede Woche zweimal an den Meditationssitzungen der Gruppe teilnehmen, ohne jemals auch nur zu einer Spende aufgefordert zu werden. Einzelne Mitglieder mögen viel Geld geben – sie werden dafür nicht öffentlich belobigt. Was die finanzielle Inanspruchnahme der  Mitglieder betrifft, ist man bei den Nydahlleuten wesentlich besser gestellt als bei einer der großen christlichen Kirchen.  

Fazit: Wenn man polemisch sein will, kann man die Ole-Nydahl-Organisation vielleicht schon als „Sekte“ bezeichnen -  relevante sektiererische Tendenzen gibt es. Wesentlich ist aber, dass niemand durch Schmeichelei oder Täuschung in die Ole-Nydahl-Organisation hineingelockt wird – im Gegenteil, die Gruppen verhalten sich Neuinteressenten gegenüber sehr zurückhaltend und misstrauisch – und dass es jedem freigestellt wird, die Gruppe jederzeit zu verlassen – es werden sogar immer wieder Leute aus den Gruppen hinausgeekelt oder ganz offiziell von Nydahl oder seinen Beauftragten hinausgeworfen. Für Menschen mit einem einigermaßen durchschnittlichen Selbstbewusstsein drohen bei Konflikten mit der Nydahlgruppe nicht viele Unannehmlichkeiten. Anders ist dies bei  Leuten, die psychische Probleme haben und zu Abhängigkeitsverhältnissen neigen – wie in jeder neuen spirituell angehauchten Bewegung sind solche Leute auch in der Ole-Nydahl-Organisation präsent. Speziell die Regensburger Nydahl-Gruppe ging mit ihnen nicht gerade zimperlich um[15]. So etwas kann diesen Menschen zwar tendenziell in jeder Lebenssituation passieren, es ist aber vielleicht besonders unerfreulich, wenn sie an einem Ort, wo sie sich eine "Zuflucht" erhoffen, derart mies behandelt werden. Nydahl und seine Leute machen allerdings gar keinen Hehl daraus, dass sie den mitfühlenden Aspekt der Buddhalehre nicht gerade in den Vordergrund stellen.  

Letzteres leitet über zu der Fragestellung, die für mich wichtiger ist als die Einordnung der Ole-Nydahl-Organisation als ‚Sekte oder nicht Sekte’, die im Grunde eine Geschmacksfrage ist: steht Nydahl immer im Einklang mit der Lehre des Buddha?  

Die Ole-Nydahl-Organisation – eine moderne europäische Form des Buddhismus?  

Nydahl und seine Leute nehmen für sich in Anspruch, die Repräsentanten der für die Europäer der heutigen Zeit optimalen Form des Buddhismus zu sein[16].    

Kritikpunkte:

Ich möchte im Folgenden einige Themenbereiche ansprechen, anhand derer man diskutieren kann, ob sich Ole Nydahls Version des Buddhismus völlig im Einklang mit den Buddhalehren befindet. Vorneweg möchte ich anmerken, dass ich davon ausgehe, dass die Lehrinhalte, die Nydahl in seinen Vorträgen und Büchern darlegt, in vielen Bereichen mit der Lehre des Buddha kompatibel sind. Ähnliches wurde ihm auch von weitaus kompetenterer Seite als der meinen attestiert[17]. Es liegt in der Natur einer Kritik, dass sie eben die kritikwürdigen Aspekte aufgreift und das Positive vernachlässigt.  

Liebe und Mitgefühl:

Liebe und Mitgefühl sind ganz zentrale Begriffe der Buddhalehre, wobei hervorzuheben ist, dass diese Eigenschaften nicht etwas sind, was man sich künstlich aneignen muss, sondern dass sie die eigentliche Natur jedes fühlenden Wesens sind. 

Nydahl sagt nichts anderes. Er gewichtet diesen Aspekt aber nicht in der Weise, wie es die buddhistische Tradition tut; stattdessen hebt er sehr stark wehrhafte Elemente der tibetisch-buddhistischen Tradition hervor[18]. Zu beobachten ist auch, dass in seinen Gruppen der Aspekt Liebe und Mitgefühl kein großes Ansehen genießt. Es existiert z.B. von der Meditation auf Tschenresig, die Verkörperung von Liebe und Mitgefühl, die eine zentrale Rolle in der Kagyü-Tradition spielt, auch eine deutschsprachige von Nydahl autorisierte Version. Versuche, diese im Regensburger Nydahl-Zentrum als regelmäßige Praxis zu etablieren, scheiterten u.a. daran, dass Einzelne mit dem Argument aufwarteten, Nydahl habe gesagt, die Tschenresig-Praxis führe zu Verweichlichung. So zu denken bedeutet nichts Geringeres als: die eigentliche Natur des Menschen komplett zu verkennen.  

Sexualpraxis:

Nydahl äußerte des Öfteren, er habe mit sehr vielen Frauen Sex gehabt. Dies sei nicht aus der Intention heraus geschehen, einen Trieb zu befriedigen, sondern vielmehr, um diese Frauen auf dem spirituellen Weg weiter zu bringen, indem er ihnen auf sexuelle Weise eine Art von Energie  übertrage. Es ist davon auszugehen, dass Nydahl dies ehrlich so versteht. 

Im tantrischen Buddhismus kommen auch Sexualpraktiken vor. Diese werden angewandt, damit während des Sexualakts die leere Natur des Geistes erkannt werden kann. Hierfür ist es zwingend erforderlich, dass beide Sexualpartner auf dem Buddhaweg sehr weit fortgeschritten sind. 

Eine Methode, bei der auf sexuellem Weg „Energie“ vom Lehrer auf die Schülerin übertragen wird, existiert im tantrischen Buddhismus ebenso wenig wie in irgendeiner anderen buddhistischen Praxisrichtung.  

Die Bedeutung des Sangha:

Wenn man sich dem Buddhismus zuwendet, nimmt man „Zuflucht“ zu den „drei Juwelen“ Buddha, Lehre (Dharma) und „verwirklichtem (oder „edlem“) Sangha“. Mit letzterem ist die Gesamtheit der transzendenten Buddhaformen („Meditationsgottheiten“), zu denen z.B. Tschenresig gehört, sowie die Gesamtheit der hohen verwirklichten Meister (dazu zählen z.B. der Gyalwa Karmapa, der Dalai Lama, aber auch verwirklichte Zen-Meister oder die Arhats des Theravada) gemeint. Sangha ist (ohne den Zusatz „verwirklicht“) auch der Oberbegriff für alle buddhistischen Mönche und Nonnen; in einem weiten Sinn kann man auch Laienbuddhisten dazuzählen. 

Wenn Nydahl den Begriff „Sangha“ für Laienbuddhisten verwendet, ist dagegen nichts einzuwenden. In den Nydahlgruppen hat es sich aber eingebürgert, den Begriff „Sangha“ als Synonym für ihre Gruppe zu benützen und sich auch bei der buddhistischen Zuflucht zum Sangha auf die Gemeinschaft buddhistischer Praktizierender, ganz vorrangig auf die Gemeinschaft der Nydahlleute, zu beziehen. Für Nichtbuddhisten mag das Problem hierbei nicht gleich verständlich sein, aber es ist von zentraler Bedeutung, dass man den buddhistischen Zufluchtsobjekten bedingungsloses Vertrauen entgegenbringt – darin liegt der Sinn der Zuflucht überhaupt. Bei hohen Meditationsmeistern mag dies gerade noch vertretbar erscheinen, aber gegenüber „normalen Leuten“, die man nicht wirklich kennt, wird man ein solches Vertrauen in der Regel gar nicht haben und es wäre auch völlig kontraproduktiv, ein solches Vertrauen entwickeln zu wollen. 

Die Ole-Nydahl-Organisation als Objekt der buddhistischen Zuflucht zu betrachten, entstellt den Sinn der Institution „Buddhistische Zuflucht“ vollständig. Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit Nydahl dieses falsche Verständnis bei seinen Anhängern selbst erzeugt hat. Dringend geboten wäre jedoch, dass er dieser unrichtigen Auffassung schnell und nachhaltig entgegentritt.  

Begierde und Anhaftung:

In der buddhistischen Tradition kennt man drei elementare Störgefühle, die bewirken, dass die Menschen (und die anderen fühlenden Wesen) in einem Teufelskreis aus sich gegenseitig hochschaukelnden irrtümlichen Sichtweisen gefangen sind: Unwissenheit/Ignoranz, Zorn/Hass und Begierde/Anhaftung. Schon allein deshalb, weil sie auseinander hervorgehen (sie werden bildlich als drei Tiere dargestellt, die sich gegenseitig in den Schwanz beißen), sind sie untereinander gleichrangig – Zorn ist nicht „schlimmer“ als Anhaftung, Ignoranz ist nicht „weniger gravierend“ als Anhaftung. 

Wenn er von den großen Übertragungslinien des tibetischen Buddhismus spricht, pflegt Nydahl diesen je ein „Hauptstörgefühl“[19] zuzuweisen, für dessen Überwindung sie die jeweils geeignetsten Mittel hätten. Der Kagyü-Linie ordnet er hierbei den Bereich Begierde und Anhaftung zu. Wie bereits erwähnt, herrscht in der Nydahl-Organisation die Auffassung, man repräsentiere eine Art Elite. Dies führt bei vielen Nydahl-Anhängern zu dem Gedankengang: Ole ist super, wir, die Kagyüs, sind super – und unser „Hauptstörgefühl“ ist auch besser als das der anderen. Wenn man hinzunimmt, dass Nydahl Sexualität und generell die Freude an allerlei Freizeitvergnügen weitgehend positiv wertet sowie Erfolg im bürgerlichen Leben als eine außerordentlich wichtige Sache darstellt, wundert man sich nicht, dass bei den Nydahl-Anhängern die Ansicht weit verbreitet ist: da man nun bei den Kagyüs gelandet sei, neige man ganz hauptsächlich zu Anhaftung, was aber gar nicht so schlimm sei, da man mit dieser gut „arbeiten“ könne, indem man faktisch einfach das tut, was man sowieso gerne täte und was alle anderen auch tun. Im Ergebnis führt dies unter anderem dazu, dass viele Nydahl-Anhänger (und wohl auch Nydahl selbst) ihren gar nicht so geringen Zorn und Hass verleugnen und ihre Ignoranz überhaupt nicht bemerken.  

Meditation:

Buddhistische Meditation ist eine Übung darin, die Leerheit aller Vorstellungen von Subjekt und Objekten zu erkennen. Wenn man viel meditiert, können so genannte „außergewöhnliche Wahrnehmungen“ auftreten, die denen vergleichbar sind, welche man unter dem Einfluss bestimmter Rauschdrogen erleben kann: Farb- und Formvisionen, Erfahrungen von „Energie“-Phänomenen, übersteigerter Enthusiasmus u.v.m.. Auch jemand, der sich vorher jahrelang ganz nüchtern und unspektakulär, gelegentlich auch etwas freudlos und widerwillig, hingesetzt hatte, um in der Meditation die Funktionsweise seines eigenen Geistes näher kennen zu lernen, läuft in so einer Situation Gefahr, der Illusion zu erliegen, am Zielpunkt seiner Praxis angelangt zu sein. Andererseits hat er schon Übung darin, Dinge, die in seinem Geist entstehen, als leer zu betrachten.  Wenn er zudem durch buddhistische Belehrungen Kenntnis davon erlangt hat, dass auch solche außergewöhnlichen Phänomene nur Projektionen des Geistes und insoweit qualitativ nichts Höherwertiges als alltägliche Grübeleien sind, wird er dieser Illusion gut widerstehen können. 

Wenn Nydahl über Meditation redet, dann fallen Begriffe wie: besser als jeder Orgasmus, 10000 Volt jagen durch den Körper, riesige Energie usw.. In seinem autobiographischen Werk[21] beschreibt Nydahl, wie er in der Zeit, als er dem Buddhismus in Nepal begegnete, ständig große Mengen Haschisch und auch LSD konsumierte. Wenn er über seine erste Begegnung mit dem 16. Gyalwa Karmapa schreibt[22], verwendet er ähnliche Begriffe, wie wenn er seine Drogenerfahrungen schildert.

Nimmt man noch die Information hinzu, dass Nydahl vorher keine Meditationspraxis hatte, dann kann man es für sehr wahrscheinlich halten, dass Nydahl bei seinen Erlebnissen in Nepal 1968/69 zwar wohl so etwas wie einen spontanen Eindruck von der Unbegrenztheit seines Geistes hatte, der ihn verstehen ließ, dass die von ihm so geschätzten „Highs“ nicht durch die Substanz der Drogen, sondern durch seinen eigenen Geist erzeugt wurden, was aber nun dazu führte, dass er die Fertigkeit erlangte, diese „Highs“ willkürlich und ohne Drogen zu erzeugen. Es scheint, dass er die neu erworbene Fertigkeit  nun  „Meditation“ nannte, gerade weil er vom Prinzip buddhistischer Meditation nicht die geringste Ahnung hatte.  

Man wird geneigt sein einzuwenden:  Der 16. Gyalwa Karmapa[23] und seine anderen buddhistischen Lehrer hätten Nydahl auf ein solch falsches Verständnis hingewiesen. So etwas mögen sie getan haben oder nicht, Nydahl könnte sie verstanden haben oder nicht – Tatsache ist, dass er auch heute noch, wenn er von Meditation spricht, einen Zustand beschreibt, der einem Drogen-“High“ entspricht.  

Befreiung:

Die Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten ist ein Ziel des buddhistischen Weges. Es wird davon gesprochen, dass man diese Befreiung dann erlangt hat, wenn die Idee, man sei ein Wesen mit einem dauerhaften eigenen Selbst, sozusagen mit einer unsterblichen Seele, völlig aus dem Bewusstseinskontinuum eines Wesens verschwunden ist. Ein derart befreites Wesen hat keine Vorstellung von einem „eigenen Ich“ mehr[24]

Nydahl hat sich des Öfteren in diesem Sinne als „befreit“ bezeichnet. Niemand, der selbst nicht befreit und erleuchtet ist, kann sicher wissen, ob ein anderer in diesem Sinn befreit ist. Logisches Denken ist aber auch hier eine Hilfe. Würde jemand, der keinerlei Ego mehr besitzt, sich ständig selbst loben? Würde er immer wieder sinnlichen Vergnügungen hinterherlaufen? Würde er nach Bewunderung streben? Würde er sich in hyperaktiver Weise überall unentbehrlich machen wollen? 

Es muss hier noch mehr als anderswo jeder seine ganz eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass Nydahl nicht im buddhistischen Sinne „befreit“ ist.  

Energie:

Die moderne Physik hat aufgezeigt, dass alle materiellen Phänomene als Energiephänomene beschrieben werden können. In der Psychologie wird oft von geistiger Energie gesprochen und für manche Esoteriker hat sowieso alles immer mit „Energie“ zu tun. Der Buddhismus beschäftigt sich nur insoweit mit materiellen Phänomenen, als dies für die Praxis hilfreich ist. Man kennt zum Beispiel ein dem Konzept der chinesischen Akupunktur vergleichbares System subtiler Energiebahnen im Körper, anhand dessen man dem Meditierenden dabei helfen kann, die für die Praxis geeignete Körperhaltung einzunehmen. Eine Beschäftigung mit materiellen oder energetischen Systemen als Selbstzweck oder zum Zweck einer dem Ego behilflichen Manipulation der „Außenwelt“ kennt der Buddhismus nicht[25]

Nydahl verwendet manchmal in diffuser Weise das Wort „Energie“, z.B. wenn er über Meditation spricht (s.o.). Sehr wichtig ist dieser Begriff offensichtlich für viele seiner Anhänger - in den Nydahlzentren wird ständig über „Energie“ geredet: „Die Energie des Lama wird auf uns übertragen“, „die Energie der Gruppe darf nicht geschwächt werden“, „beim Vortrag von Ole habe ich heute wieder viel Energie gespürt“. Wenn Nydahlleute dann buddhistische Meister wie den 17. Karmapa treffen, beklagen sie sich oft: „Ich spüre bei Karmapa einfach nicht diese starke Energie wie bei Ole“[26]

Kein Wunder: der 17. Gyalwa Karmapa und andere hohe Lehrer betonen ganz ausdrücklich[27] immer wieder, dass es beim Buddhismus nicht um die Übertragung von „Energie“ geht.  

Lehrer und Schüler:

Wie ganz zu Anfang dargelegt, ist es auf dem Buddhaweg wichtig, für das Erlernen der buddhistischen Meditation einen Lehrer zu haben, während man zum Erlernen der theoretischen Grundlagen nicht unbedingt auf einen Lehrer „aus Fleisch und Blut“ angewiesen ist. Grundsätzlich kann man Unterweisungen und Anleitungen zur Meditation von vielen verschiedenen buddhistischen Lehrern empfangen. Als Europäer hat man heute die Möglichkeit, sich an sehr vielen Stellen Informationen zu beschaffen und buddhistische Lehrer zu treffen. 

Im tantrischen Buddhismus gibt es traditionell die Institution eines sehr engen persönlichen Lehrer-Schüler-Verhältnisses. Dies liegt daran, dass der tantrische Buddhismus Methoden bereithält, die alle Ebenen des menschlichen Daseins mit einbeziehen, wodurch die intellektuelle Distanz schwindet, die der Praktizierende in anderen buddhistischen Richtungen noch zu seiner buddhistischen Praxis hat. Hieraus resultiert die Gefahr, dass der unerfahrene Praktizierende die Orientierung auf seinem tantrisch-buddhistischen Weg verliert. Er braucht daher dringend die Hilfe erfahrener Meditationsmeister. Im Idealfall hat ein Dharmaschüler einen persönlichen „Guru“. Es wird empfohlen, bei der Suche nach einem solchen Meditationsmeister sehr sorgfältig vorzugehen, mehrere Lehrer kennen zu lernen und sich dann denjenigen auszusuchen, der einem am besten entspricht. Daraufhin prüft der potentielle Lehrer seinerseits den potentiellen Schüler. Akzeptiert er ihn, wird er zu dessen „Wurzelguru“, dem der Schüler unbedingtes Vertrauen und auch Gehorsam entgegenbringt. In der tibetischen Tradition wird der „Wurzellama“[28] zu einem Objekt der buddhistischen Zuflucht wie die „drei Juwelen“, er wird sogar zu einem Repräsentanten der Qualitäten der „drei Juwelen“. 

Für einen Europäer mag dies reichlich autoritär klingen.  Hintergrund des Ganzen ist, dass der Schüler, der Fortschritte in seiner tantrisch-buddhistischen Praxis[29] macht, seinen Status und seine Fähigkeiten überschätzen und großen Stolz entwickeln könnte, was dazu führen würde, dass er die Meditationspraxis abbricht, bevor er das Ziel der Erleuchtung, das die Eigenschaften von spontan richtiger Einsicht und grenzenloser Liebe zu allen Wesen mit sich bringt, erlangt hat. Ohne die Verwirklichung dieser Eigenschaften läuft er aber Gefahr, die in seiner Praxis erworbenen Fähigkeiten zur Manipulation anderer Menschen zu missbrauchen. Ein verwirklichter Meister ist in dieser Situation fähig, den Schüler aufgrund der spirituellen Kraft des Lehrer-Schüler-Verhältnisses von derartigen Abwegen fernzuhalten[30]

Wenn wir auf die Geschichte beispielsweise der Kagyü-Übertragungslinie zurückblicken, sehen wir, dass ein derart idealtypisches individuelles, ausschließliches und auf Wahlentscheidungen erwachsener Menschen zurückgehendes Lehrer-Schüler-Verhältnis nur in den frühen Anfängen vorkam, so z.B. zwischen Marpa und Milarepa. Schon Marpa hatte allerdings mehrere Lehrer gehabt. Spätestens das Tulku-Systen, bei dem die Ausbildung zum Meditationsmeister schon im Kindesalter ansetzt,  hatte zur Folge, dass dem reinen Ideal nicht mehr oft entsprochen werden konnte. In Tibet wurde es Usus, dass die „Auszubildenden“ im Lamaismus einige wenige „Lehrmeister“ hatten, von denen sie Unterweisungen und rituelle Ermächtigungen zur Ausübung tantrischer Praktiken erhielten. Üblich war hierbei, dass einige dieser „Lehrmeister“ anderen Übertragungslinien angehörten als der jeweilige „Auszubildende“. Letzterer wurde zum „Schüler“ jedes einzelnen dieser Lehrer. Dieser Sprachgebrauch hat sich heute auch im europäischen Buddhismus eingebürgert: jeder, der die buddhistische Zuflucht hat und beispielsweise einen Dharmavortrag des Dalai Lama besucht, darf sich als Schüler des Dalai Lama betrachten. [31]  

Auf welchen seiner Lehrer sich ein Schüler mehr und auf welchen er sich weniger stark bezieht, bleibt dem Schüler selbst überlassen. Es ist üblich und wohl auch sinnvoll[32], sich auf einen seiner Lehrer als seinen „Hauptlehrer“ zu beziehen, damit man sich nicht gleich zu Anfang verzettelt. Voraussetzung hierfür ist aber zuallermindest, dass sich Lehrer und Schüler gegenseitig kennen. Jemanden, der lediglich alle zwei Jahre einmal einen Vortrag des Dalai Lama besucht und diesen dann als seinen „Hauptlehrer“ bezeichnet, wird man schon für etwas pathetisch halten müssen. 

Ole Nydahl gibt auf seinen Veranstaltungen jedem, der das will, die buddhistische Zuflucht[33]. Wenn Leute, die bei Nydahl die Zuflucht genommen haben, dann in eines seiner Zentren kommen, wird ihnen so ungefähr erklärt: wenn sie längerfristig eine Meditationspraxis machen wollten, bräuchten sie einen „Wurzellama“ – man könne z.B. Nydahl als solchen wählen, das könne man sich aber frei überlegen. Der Mechanismus ist somit folgender: Nydahl wird von der Gruppe dem Neuling, der oft kaum etwas über den Buddhismus  und seine Terminologie weiß,  als „Wurzellama“ empfohlen. Der  Neuling kann Nydahl dann, ohne ihn extra persönlich zu fragen, zu seinem „Wurzellama“ ernennen. Erfährt der neue „Ole-Schüler“ dann danach Details über spirituelle Bindungen (Samayas[34]) und dergleichen, wird ihn das wohl ziemlich verwirren. 

Ebenso verwirrend muss die Situation für Nydahl selbst sein: er kann ja keinen Überblick darüber haben, für wen alles er überhaupt gerade den „Wurzellama“ spielen soll. In den Nydahl-Zentren wird eine Reihe von Meditationspraktiken zur Verfügung gestellt, die leicht zugänglich und nachvollziehbar sind. Für einen Anfänger auf dem buddhistischen Weg können sie enorm hilfreich sein, da sie traditionelle Praxisformen des tibetischen Buddhismus auf einen Kern reduzieren, ohne deren Sinn zu entstellen. Sie bieten einen guten Einstieg in die Meditationspraxis, nur: für die Bewältigung solcher Anfangsübungen braucht man noch lange keinen „Wurzellama“[35]

Wie erwähnt, schickte der 16. Karmapa seinen Schüler Ole Nydahl 1972 nach Europa und beauftragte ihn, Meditationszentren zu gründen und die Lehre des Buddha in seiner Heimat zu verbreiten. Beides hat Nydahl in großem Umfang getan. Sein Organisationstalent ist immens, seine Fähigkeit, europäisch geprägten Menschen buddhistische Lehren zu vermitteln, ist außerordentlich groß. Gerade weil er den Buddhismus etwas salopp darstellt und viel Eigenes einflicht, das mit dem Dharma nichts zu tun hat, kann er so viele Europäer[36] ansprechen. 

Nydahl ist ein begabter Didaktiker. Davon, dass er ein Meditationsmeister ist, kann man hingegen nicht ausgehen. Wie weiter oben angesprochen, nehme ich an, dass er das Prinzip, welches der buddhistischen Meditationspraxis zugrunde liegt, faktisch gar nicht verstanden hat. Würde sich Nydahl darauf beschränken, klar erkennbar als Lehrer für die ersten Grundlagen buddhistischer Lehre und Praxis aufzutreten, der keine mystischen Fähigkeiten besitzt, und würden sich seine Schüler bemühen, ihm soviel Wertschätzung entgegenzubringen wie einem guten Schul- oder Universitätslehrer, aber auch nicht wesentlich mehr, dann wäre der Nutzen für beide Seiten enorm.  

Mönche, Nonnen und Laien:

In allen Formen des Buddhismus kennt man drei Arten von Praktizierenden: Yogis, Mönche/Nonnen und Laien. 

Yogis in diesem Sinn sind Menschen, die alle Zeit, die sie nicht zur elementaren Erhaltung ihres Körpers durch Schlaf, Nahrungsaufnahme u.ä. benötigen, für die buddhistische Praxis verwenden. Sie gehen daher keiner Erwerbstätigkeit nach und sind mehr oder weniger auf Unterstützung durch andere angewiesen[37]

Buddhistische Laien sind Personen, die eine mehr oder weniger regelmäßige Dharmapraxis ausführen, ihre Lebenszeit aber hauptsächlich mit anderen Beschäftigungen wie Berufstätigkeit oder Freizeitunterhaltung ausfüllen. In einem weit gefassten Sinn zählt man hierzu auch Unterstützer oder überzeugte Anhänger der buddhistischen Lehre, die keine Praxis ausführen. 

Buddhistische Mönche und Nonnen haben sich verpflichtet, nach gewissen Regeln zu leben, die der Buddha Shakyamuni für sie vorgegeben hat. Diese Regeln und die Kommentare hierzu bilden einen eigenen Teilbereich des Palī-Kanons, den sogenannten Vinaya-Pitaka. Mönch oder Nonne wird man, indem man formell ein Gelübde ablegt, nach diesen Regen zu leben. Dieses Gelübde kann man jederzeit wieder zurücknehmen. Man kann sich fragen, warum der Buddha so viele[38] detaillierte Regeln für Mönche und Nonnen aufgestellt hat. Hatte er kein Vertrauen zu den Menschen, die sich einer solchen Lebensform widmen? 

Mönche und Nonnen leben in Gemeinschaften. Menschen, die in einer Gemeinschaft leben, werden Konflikte nicht generell vermeiden können. In  buddhistischen Klostergemeinschaften widmet man sich zudem einem Ziel, nämlich Befreiung und Erleuchtung zu erlangen. Wo Menschen einem Ziel zustreben, kommen Ehrgeiz, Stolz und Neid ins Spiel. Die Regeln, die der Buddha für Mönche und Nonnen aufgestellt hat, sind kompliziert und schwer vollständig einzuhalten. Ehrgeizlinge werden hierbei immer wieder Reinfälle erleben, wenn sie sich zu sehr exponiert haben; allen Beteiligten wird ständig vor Augen geführt, dass sie als Menschen auch menschliche Schwächen und Schwierigkeiten haben. Somit wird das Risiko verringert, dass Größenwahn entsteht. 

In allen Ländern und Kulturen, in denen sich der Buddhismus etabliert hat, spielen Klöster eine zentrale Rolle. Sie sind eine von der Zivilgesellschaft anerkannte und finanzierte Institution, in der Praktizierenden die Möglichkeit gegeben wird, sich quasi “hauptberuflich“ ihrer Entwicklung auf dem Buddhaweg zu widmen. Erfahrene Praktizierende geben die Lehren und Übertragungen der jeweiligen Tradition an „jüngere“ Schüler weiter. Auf diesem Weg wurde die Lehre des Buddha über zweitausend Jahre lang effizient und ziemlich originalgetreu überliefert. Die Zivilgesellschaften, die ein solch ein klösterliches System trugen, hatten stets den Nutzen, dass die Autorität der Mönche und Nonnen moralische Maßstäbe für die Gesellschaft vorgab, die an sich zweckmäßig waren, um einen inneren Frieden zu gewährleisten[39]. In verschiedenerlei Weise wurden auch Laien Kenntnisse der buddhistischen Lehre und Praxis vermittelt. In Vorderasien ist es heute noch weit verbreitet, dass junge Leute einen kurzen Lebensabschnitt als Mönche oder Nonnen im Kloster verbringen. Laienbuddhismus ist in Asien kein Thema, über das man sich groß den Kopf zerbricht – er funktioniert ganz einfach deshalb, weil es die Klöster gibt. 

Nydahl lehnt – jedenfalls für Europa und die Europäer – die Institution der Mönche und Nonnen kategorisch ab. Er stellt Mönche und Nonnen immer wieder als Menschen dar, die ein wenig unselbständig seien und daher etwas mehr Regeln brauchten. 

In der Vergangenheit hat es keine Zivilgesellschaft gegeben, die die Lehre des Buddha ohne eine klösterliche Struktur nur aufgrund ziviler Institutionen bewahrt hat. Heute haben wir die Möglichkeit, alles was Schriftform hat, sehr leicht zu überliefern. Wenn alle lebenden Buddhisten plötzlich auf einmal wegstürben, dann würden doch zivile Universitäten die buddhistischen Texte, die ihnen zur Verfügung stehen, aus rein kulturhistorischem Interesse unbegrenzt lange aufbewahren. Im Buddhismus spielt aber die Praxis eine wesentliche Rolle, und diese muss ein Mensch eben von einem anderen Menschen, der sie schon gemeistert hat, erlernen. Klöster wirtschaften arbeitsteilig, das gibt jedem Klosterangehörigen die Möglichkeit, sich eine Zeitlang ausschließlich zur Meditation zurückzuziehen[40] – er muss sich nicht einmal um die Zubereitung seines Essens kümmern. Wenn  in seiner Praxis Schwierigkeiten auftreten, hat er gleich Leute zur Hand, die er um Rat fragen kann und die auch Bescheid wissen. 

In den westlichen Gesellschaften genießt Religion heute keinen großen Stellenwert mehr. Auch christliche Mönche und Nonnen werden von einem Großteil der Bevölkerung als unnütze Esser eingeschätzt. Noch mehr haben im heutigen Europa buddhistische Mönche und Nonnen damit zu kämpfen, als Schmarotzer abgestempelt zu werden. Ob ein reiner Laienbuddhismus in Europa funktionieren kann, ist überhaupt nicht erwiesen. Ich möchte dies auch aufgrund meiner Erfahrungen mit der Nydahl-Organisation extrem bezweifeln. 

Wenn Nydahl irgendwelche Karrieristen in den Himmel lobt und im Gegensatz dazu Mönche und Nonnen herabwürdigt, dann bestätigt er ignorante materialistische Kleinbürger noch in den Vorurteilen, die sie sowieso schon haben, und fügt der Sache des Buddhismus in Europa einen immensen Schaden zu. Die Institution der Klöster im Buddhismus hat sich über 2000 Jahre lang bewährt. 

Wenn  etwas irgendwo schon funktioniert, dann behält man es, wenn man auf ein neues Gebiet vordringt, erst einmal bei und schaut, ob es da auch funktioniert. Dies haben viele hohe tibetische Lehrer aller Übertragungslinien auch getan. Sie haben Klöster in Europa gegründet, europäische Mönche und Nonnen ordiniert und sie in traditioneller Weise ausgebildet. Laienbuddhisten konnten und können an ihren Aktivitäten teilhaben. Man kann feststellen, dass der tibetische Buddhismus in seiner originalen Form innerhalb der letzten 40 Jahre in Europa durchaus Fuß gefasst hat. 

Ob die Nydahl-Organisation die Person Ole Nydahl überleben wird, muss sich erst noch herausstellen[41]. Nach meiner Einschätzung würde sie, wenn Nydahl heute stürbe, binnen kürzester Zeit zerplatzen wie eine Seifenblase.  

Fazit:

Wenn die Ole-Nydahl-Organisation eine Form des Buddhismus sein soll, dann doch wohl eine ziemlich schräge. Niemand wird Nydahl und seinen Anhängern ihren Idealismus absprechen, aber als Kind des 20. Jahrhunderts sollte Nydahl eigentlich wissen, wohin fehlgeleiteter Idealismus führen kann. Ole Nydahl erscheint mir wie ein großes Kind, das meint, vom guten Onkel Karmapa ein tolles Spielzeug geschenkt bekommen zu haben und von dem es nun panisch fürchtet, dass man es ihm wieder wegnehmen könnte. Bei diesem „Spielzeug“ handelt es sich leider um den tibetischen Buddhismus für Europa, mit dem Nydahl in zunehmend verantwortungsloser Weise herumhantiert. Es wäre zu wünschen, dass er einmal einen Moment lang innehält und sich überlegt, was er da eigentlich macht. Wenn er ein Buddhist ist, dann wird er von selbst darauf kommen, welche Korrekturen er vornehmen sollte.  

Schlussbemerkung  

Ich habe, obwohl das unüblich ist, bei meiner Präsentation der Kagyü-Linie auch die „Schattenseiten“, insbesondere die, welche sich in neuerer Zeit gezeigt haben, nicht ausgespart. Dies erschien mir wichtig, weil ich  mitbekommen habe, wie ansonsten skeptische Mitbürger, die an fast nichts mehr glauben, ihre in ihrem „tiefsten Inneren“ bewahrten idealistischen Vorstellungen von so etwas wie absoluter Reinheit und Fehlerlosigkeit aus einem spontanen Impuls heraus auf den tibetischen Buddhismus als quasi eine „letzte Hoffnung“ projizierten und dann über Gebühr enttäuscht waren und mit aufwallendem Hass reagierten, wenn sie sich eingestehen mussten, dass auch hier nicht alles eitel Freude und Sonnenschein ist. Tibeter verstehen dieses Phänomen vielleicht gar nicht: sie haben ja niemandem einen Rosengarten versprochen.

Der tibetische Buddhismus ist für Europa ein Geschenk von unschätzbarem Wert. Er ist ein Mittel, um das Höchste zu erreichen, was einem Menschen zuteil werden kann. Ob und in wie weit er dieses Mittel auch anwendet,  muss jeder für sich entscheiden.

 „Mehr“ als ein Mittel zum Zweck kann und will der Buddhismus nicht sein, weil er davon ausgeht, dass es auf relativer Ebene auch nichts Besseres gibt als ein geeignetes Mittel zum höchsten Zweck. Wer meint, göttliche Gnade oder solche Dinge seien für ihn zugänglicher und wünschenswerter, der sollte sich besser an Jesus Christus oder dem Propheten Mohammed orientieren.

(© F. Rupprecht, Regensburg, 01/2009)
शुभमस्तु सर्व जगताम ॥

Anmerkungen:

[1] z.B.: 
http://www.buddhismus-heute.de/archive.issue__16.position__7.de.html
http://www.buddhismus-heute.de/archive.issue__10.position__8.de.html

[2]vgl.:
http://www.buddhismus-heute.de/archive.issue__29.position__2.de.html

[3] s. dazu auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karmapa-Konflikt 

[4] Ich betrachte Trinley Thaye Dorje als den 17. Karmapa. Als Europäer bin ich nicht in der Lage, die Verwicklungen der tibetischen Politik zu durchschauen. Die Spaltung der Karma-Kagyü-Linie ist ohnehin nicht wie ein christliches Schisma eine Glaubensspaltung. So hat auch der 17. Karmapa Trinley Thaye Dorje festgestellt, dass er kein Problem darin sieht, wenn Leute, die ihn als Karmapa betrachten, von Unterstützern des Urgyen Trinley Dorje buddhistische Belehrungen empfangen.

[5] vgl.:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ch%C3%B6gyam_Trungpa
http://en.wikipedia.org/wiki/%C3%96sel_Tendzin

[6] diese und die folgenden Angaben stammen aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ole_Nydahl

und: Lama Ole Nydahl: „Die Buddhas vom Dach der Welt“, Neuauflage 2003, Aurum Verlag

[7] z.B. am 04.11.2008 in Regensburg

[8] http://www.diamantweg-stiftung.de/pdf/bsd_satzung.pdf

[9] Vieles, was man bei entsprechender Suche findet, ist Kritik von außen, z.B. von christlicher Seite oder von Gegnern des gesamten tibetischen Buddhismus. Einiges stammt von Ex-Anhängern Nydahls, wobei hiervon manches durchaus etwas verwirrt klingt. Wenn man eigene Erfahrungen mit Nydahl und seinen Zentren gemacht und sich daraufhin entschieden hat, deren Stil grundsätzlich zu akzeptieren, wird man solche Kritik tendenziell eher als zu pauschal und/oder unqualifiziert empfinden.

Mittlerweile findet man im deutschsprachigen Internet eine Seite, die ich zur Lektüre sehr empfehlen kann, da sie viele Informationen über die Nydahl-Organisation enthält, die einige von mir angesprochene Aspekte noch näher erläutern: http://info-buddhismus.de/lama_ole_nydahl.html . Der Autor verfügt über eine sehr große Fachkompetenz, war aber meines Wissens nie Mitglied der Nydahl-Organisation.

Vom gleichen Autor stammt eine sehr umfangreiche Seite zum Thema Sekten im buddhistischen Zusammenhang: http://www.buddhistische-sekten.de/ , mit vielen Informationen zu den Erfordernissen, die an einen buddhistischen Lehrer und seine Schüler zu stellen sind. Der Autor betrachtet die Nydahl-Organisation nicht als Sekte. Eingefleischten Nydahl-Anhängern dürfte die Seite insgesamt wenig Hilfestellung bieten, da sehr viele von ihnen aufgrund eines falschen Verständnisses des Vajrayana dazu neigen, Aussagen buddhistischer Lehrer und auch des Buddha selbst, soweit sie nicht ausdrücklich von Nydahl bestätigt werden, als irrelevant zu betrachten. Sie befürchten, durch solche Aussagen „verwirrt“ und der Gefahr ausgesetzt zu werden, von der „Autobahn zur Erleuchtung“, auf der sie sich im Gefolge Nydahls zu befinden wähnen, abzukommen.

Zum Thema „Nydahl und die Frauen“  bietet die Seite http://downthecrookedpath-meditation-gurus.blogspot.com/2011/09/ole-nydahl-diamond-way-accused-of.html interessante Informationen.

Sehr polemisch, aber interessant ist die englischsprachige Seite http://diamondwaycult.blogspot.com/ (vor allem wegen der Fotos, z.B. Nydahl mit Schnellfeuerwaffe und beim Entkleiden von Damen). Die auf der Seite gegen Nydahl erhobenen Vorwürfe erscheinen mir übertrieben.

[10] http://www.relinfo.ch/sekten/definition.html

[11] Wenn man sich so auf einen äußeren Feind einschießt, läuft man natürlich Gefahr, diesem Feind auch selbst immer ähnlicher zu werden. In der Tat gibt es eine starke Tendenz in den Nydahlgruppen, Ole Nydahl als eine Art „Propheten“ zu betrachten.

Im tibetischen Buddhismus gibt es Elemente wie den Shambhala-Mythos oder das Kalachakra-Tantra, die kriegerische Elemente enthalten. Dies wird – oft auch wohl ganz absichtlich – fehlinterpretiert,  vgl. hierzu z.B.:        http://www.welt.de/welt_print/article1067577/Keine_Religion_des_Friedens.html

Es handelt sich bei diesen Dingen nicht darum, einen „heiligen Krieg“ gegen Andersgläubige zu führen, die einem gar nichts Böses wollen – eine zwangsweise „Bekehrung“ von „Heiden“ kannte und kennt der Buddhismus nicht. Vielmehr soll mental auf einen Abwehrkampf eingestimmt werden, dem man sich vielleicht irgendwann einmal zu stellen haben wird. Eine solche mentale Vorbereitung kann für einen Buddhisten deshalb zweckmäßig sein, weil man als solcher starke Emotionen wie Hass als besonders schädlich beurteilt. Wenn man völlig unvorbereitet von Leuten angegriffen wird, die man vielleicht vorher sogar für seine Freunde gehalten hat, kann man tendenziell sehr viel Hass entwickeln. Um einer solchen Situation entgegenzuwirken, kennt man im Buddhismus diese rein defensiv-kriegerischen Elemente.

Nydahl erklärt dies sehr gut und völlig klar – die Frage ist aber immer, was dann an der Basis ankommt. Muss man als buddhistischer Lehrer auch unbedingt in Militäruniformen herumlaufen?

Außerdem besteht immer die Gefahr, über das Ziel hinauszuschießen, wie es im weltpolitischen Maßstab ja z.B. den Amerikanern ergangen ist: sie haben mit ihrer „Our-Son-Of-A-Bitch“-Politik zwar den Kommunismus besiegt, aber dadurch einen Militär- und Geheimdienstapparat aufgebaut, der sich nach dem Sieg nun selbständig gemacht und einem neuen Feind zugewandt hat, den er sich systematisch selbst geschaffen hatte. Zudem haben sie die Pressefreiheit, die z.B. im Vietnamkrieg „hinderlich“ war, vor allem dadurch ausgehöhlt, dass sie ein System entwickelt haben, in dem durch die schiere Masse an Desinformation die korrekte Information, die prinzipiell immer noch zugänglich ist, wirksam übertönt und auch als schrullig, wenn nicht sogar paranoid, abgestempelt wird.

Gerade als Buddhist sollte man diesen Effekt genau beobachten.  Sonst endet man wie dieser "Führer der freien Welt":

"Our enemies are innovative and resourceful, and so are we. They never stop thinking about new ways to harm our country and our people, and neither do we."

George W. Bush

[12]vgl. http://www.diamantweg-stiftung.de/seiten/stiftung.php?spr=de&navstart=a&seite=1&projekt=stift_ziel&hnav=stiftung&unav=stift_ziel&tabelle=stift_ziel

[13] dies jedoch nur im gruppeninternen Dialog; in seinen Büchern erweist Nydahl den anderen tibetischen Praxislinien durchaus seine Reverenz.

[14] aus: „Interview mit Lama Ole Nydahl u. Caty Hartung beim Zentrentreffen 2007“, Braunschweig, 27. Oktober 2007

[15] Auslöser hierfür war eine Äußerung Nydahls, wonach „psychisch Kranke nicht meditieren“  sollten.  Dies nahmen einige Leute in der Gruppe zum Anlass, zu versuchen, ihnen missliebige Personen, von den sie wussten, dass diese aktuell oder früher in psychiatrischer Behandlung waren und/oder Psychopharmaka einnahmen, aus der Gruppe oder zumindest an den Rand derselben zu drängen. Dabei entstanden komplizierte Verwicklungen, da dieses Kriterium auch auf Verbündete der Initianten der Kontroverse oder auf sich neutral verhaltende Personen angewandt werden konnte.

[16] z.B. in der Kopfzeile (meta-tag, z.B. im Google sichtbar) der Seite www.buddhismus.de – diese Domain besitzen die Nydahlleute.

Die Präsenz der Nydahl-Organisation im Internet ist außerordentlich groß. Sucht man dort Informationen zu buddistischen Themen, wird man von den Suchmaschinen vorrangig auf Websites der Nydahlleute verwiesen. Ihre arrogante und unqualifizierte Ablehnung jahrhundertealter buddhistischer Traditionen lässt diese jedoch als Repräsentanten der Weltreligion des Buddhismus denkbar ungeeignet erscheinen. 

[17] so z.B. von Khenpo Chödrak Rinpoche 1995: http://www.lama-ole-nydahl.de/certifikat.htm

Ich hätte allerdings ein paar Zweifel, ob der Khenpo Nydahl heute noch einmal ein solches Zertifikat ausstellen würde.

[18] Es scheint, dass sich die Kritik, die Nydahl in Deutschland erfährt, hauptsächlich an diesem kriegerischen Aspekt, insbesondere an seiner Gegnerschaft zum Islam, festmacht. Ich möchte mich dem nicht anschließen.

Auf praktisch jedem seiner Vorträge gibt Nydahl Äußerungen von sich, die als so stark fremdenfeindlich gewertet werden könnten, dass ein beliebiger CDU-Politiker, der öffentlich diese Äußerungen als seine eigenen von sich geben würde, von der deutschen Presse zum Rücktritt gezwungen werden könnte.

Nydahl hingegen wird von den deutschen Medien äußerst wohlwollend behandelt. Wenn die in Sachen „rechte Tendenzen“ eher übersensible deutsche Presse z.B. keinen Anstoß daran nimmt, dass Nydahl seine Angriffe auf die Migrationspolitik Deutschlands sogar in Münchner Bierkellern vorträgt (Münchner Bierkeller waren in den 1920er Jahren bekanntlich die Brutstätte der Nazi-Bewegung) oder dass – ausgerechnet - im Münchner Nydahlzentrum  der Lamathron mit einem Stück Stoff drapiert war (und vielleicht immer noch ist), auf dem neben anderen Ornamenten sehr deutlich auch vier große Hakenkreuze zu sehen sind (das Hakenkreuz [Swastika] spielt in der hinduistischen und buddhistischen Tradition als Symbol eine Rolle, ist aber durchaus entbehrlich), dann hat man offensichtlich davon auszugehen, dass Nydahl nicht als Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einzustufen ist.

[19] s. Lama Ole Nydahl: „Das große Siegel“, Knaur Verlag, München 2006, S. 198

[21] Lama Ole Nydahl: „Die Buddhas vom Dach der Welt“, Neuauflage 2003, Aurum Verlag

[22] Lama Ole Nydahl: a.a.o.; S. 66

[23] Der 16. Karmapa hatte sicher enorme Fähigkeiten: es wird berichtet, dass er in der materiellen Welt „Wunder“ bewirkt hat. (vgl: http://www.thdl.org/texts/reprints/bot/bot_1982_01_02.pdf , S.16). Er konnte aber ebenso wenig wie der Buddha Shakyamuni Menschen quasi durch Handauflegen zu Befreiung und Erleuchtung führen. Es ist eine zentrale Aussage der Buddhalehre, dass jedes fühlende Wesen den Pfad zur Erleuchtung selbst gehen muss, jedes für sich. Erleuchtete Wesen können Ratschläge und Hilfestellungen geben, dem Einzelnen bleibt aber immer völlig freigestellt, ob und in wie weit er diese umsetzt. Ein „Messias“ ist im Buddhismus nicht vorgesehen.  

[24] Der Begriff der Befreiung im Buddhismus ist natürlich schwer verständlich und kompliziert. Es geht aber hier nicht darum, alle Facetten dieses Begriffs beleuchten zu wollen.


[25] Weil das hierzu relevante Gleichnis des Gotama Buddha Shakymuni so wichtig ist, füge ich es hier ein: 

- „Herr Gotama“, sagte ein Brahmane, „da gibt es Weise, die lehren, am Anfang sei Brahma, der Schöpfer der Welt, aufgetreten und habe Himmel und Erde erschaffen. Da gibt es andere Weise, Herr Gotama, die sagen, es habe keinen Schöpfer gegeben, Himmel und Erde seien ohne Anfang und Ende schon immer existent gewesen. Und noch andere Gelehrte treten da auf, die sagen, Himmel und Erde seien nicht am Anfang da gewesen, sie seien erst entstanden, allerdings ohne Ursache. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Euch, Herr Gotama, wissbegierige Brahmanen fragten, ob es eine letztendliche Ursache, einen Schöpfer gäbe oder nicht. Ihr aber, Herr Gotama, hättet darauf nicht geantwortet, Ihr hättet geschwiegen. Daher frage ich Euch, Herr Gotama, was ist wohl der Grund Eures Schweigens auf diese, die Menschen bewegende Frage?“

- „Mein lieber Brahmane, ich antworte grundsätzlich nur auf hilfreiche Fragen, diese Frage aber ist nicht hilfreich.“

- „Aber sagt, Herr Gotama, warum ist diese Frage nicht hilfreich?“

- „Die Frage ist so wenig hilfreich wie die Frage des vom Giftpfeil getroffenen Mannes.“

- „Das verstehe ich nicht, Herr Gotama, würdet Ihr mir wohl erzählen, was es mit der Frage des von einem Giftpfeil getroffenen Mannes auf sich hat?“

- „Wohlan denn, Brahmane, so will ich Euch die Geschichte des vom Giftpfeil getroffenen Mannes erzählen:  Es begab sich, dass ein König mit einer großen Schar von Kriegern unterwegs war einen Krieg zu führen. Beim König war auch ein Wundarzt zur Versorgung der Verwundeten. Mitunter war nämlich rasche Hilfe nötig, denn in diesem Krieg wurden vergiftete Pfeile eingesetzt.“

- „Was weiter, Herr Gotama?“

- „Plötzlich, keiner wusste, woher der Schuss kam, fiel ein wackerer Krieger, der zusammen mit seinem Freunde beim Auskundschaften des Geländes war, von einem Giftpfeil getroffen zu Boden. Der Freund war bestürzt, und er wollte sofort zurück reiten, um den Wundarzt zu holen. Der Verletzte aber rief: „Halt, mein Freund, zunächst müssen wir die Ursache ergründen. Woher wurde der Pfeil abgeschossen? Aus einem Hinterhalt oder von einem Baum? War der Schütze zu Fuß oder zu Pferde oder ritt er gar auf einem mächtigen Elefanten? Und alsdann lasse uns herausfinden, welcher Kaste der Schütze angehörte. War es ein Krieger, war es ein Kaufmann oder war es ein Brahmane? Oder hat womöglich gar ein Unberührbarer den Pfeil abgeschossen, und keiner von euch darf den Pfeil dann berühren! Alsdann lasset uns untersuchen, was ist das eigentlich für ein Pfeil? Ist er aus Esche, Buche, der harten Eiche oder gar aus dem wohlriechenden Sandelholz? Und die Feder am Pfeilende, von welchem Vogel stammt sie wohl? Vom Sperber, von einer Taube, einer Amsel oder vom possierlichen Eichelhäher? Und dann müssen wir die Frage ergründen, wie war der Bogen wohl beschaffen, der solches Geschoss schleuderte, war er einfach, doppelt oder dreifach gekrümmt? Und welche Sehne war es, die den Bogen zierte und dem Pfeil so kraftvoll Schwung verlieh? War sie vom Hirsch, von der Kuh, vom Büffel oder etwa nur von einer Ziege?“. Glaubt Ihr, Brahmane, es sei klug von dem vom Giftpfeile getroffenen Mann, so zu fragen?“

- „Sicher nicht, Herr Gotama, denn bevor alle diese Fragen mit einiger Sicherheit beantwortet werden können, ist dieser Mann gestorben, denn nur kurz ist die Zeit, die ihm zur Rettung bleibt. Alle Kräfte müssen auf eine rasche Versorgung seiner Wunde gelegt werden, diese törichten Fragen jedoch halten genau davon ab!“

- „Richtig, edler Brahmane, sehr richtig. Ebenso ist es mit dem Leben der Menschen. Es ist nur von kurzer Dauer, aber es bietet die Chance, die ernste Krankheit der Menschen zu heilen, das Gift von Gier, Hass und Verblendung zu entfernen und die Wunden, die Gier, Hass und Verblendung verursacht haben, zu versorgen. Alle anderen Fragen lösen zu wollen, über welche sich Weise seit Jahrtausenden den Kopf zerbrachen, ohne je zu einer befriedigenden, das heißt verifizierbaren Antwort gekommen zu sein, ist verfehlt. Bevor hier eine gesicherte Antwort gefunden ist, ist der Frager mit Sicherheit schon tot.“

[26] Vielleicht sollten diese Leute einmal eine Versammlung der Zeugen Jehovas oder der Scientology-Organisation aufsuchen. Würde ihnen die „Energie“ dort vertrauter erscheinen?

Im Übrigen: Wenn man hier schon unbedingt den Begriff von "psychischer Energie" benutzen möchte, dann erscheint es nach meiner Beobachtung so zu sein, dass Nydahl und seine Organisation den Mitgliedern eher viel psychische Energie entziehen als dass sie ihnen welche geben würden.

[27] Der 17. Karmapa so z.B. am 14.09.2008 in Wien

[28] In der Praxis sieht dies aber meist so aus, dass man auf einen transzendenten Wurzellama, Dorje Chang, Bezug nimmt.

[29] Im tantrischen Buddhismus kommen viele Elemente und Praktiken vor, die nach europäischen Maßstäben als „magisch“ eingestuft werden können. Gerade für einen Europäer, der abendländisch-esoterische Konzepte mitbringt, ist die Gefahr von Missverständnissen und missbräuchlichen Tendenzen hier nicht ganz unerheblich.

[30] Das klingt natürlich ungemein mystisch, ist aber so zu sehen. Man kennt in der Tat diesen Aspekt der „Samayas“, der  Bande durch Gelübde und dergleichen, deren Verletzung für denjenigen, der den Bruch zu verantworten hat, spirituell außerordentlich schädliche Auswirkungen nach sich zieht. Im korrekt gehandhabten Fall wird der Lehrer, der den potentiellen Schüler prüft, auch abklären, ob der Glaube des Schülers an die Schädlichkeit eines Bruchs der „Samayas“ ausreichend groß ist. Ist dies nicht der Fall und hat der Lehrer Zweifel an der Zuverlässigkeit des Kandidaten, wird er ihn nicht als Schüler akzeptieren.

[31] Ich möchte an dieser Stelle auf einen Aspekt eingehen, der die Buddhisten unter den Lesern dieses Texts wohl schon seit Beginn meiner nydahlkritischen Erwägungen stört:

Es ist im tibetischen Buddhismus traditionell üblich, jedem Lehrer, von dem man Unterweisungen erhalten hat, höchsten Respekt entgegen zu bringen. Einen solchen Lehrer zu kritisieren wird als sehr anstößig angesehen.

Nach dieser Begriffsdefinition ist Nydahl einer meiner Lehrer –  ich aber kritisiere ihn hier.

Ich habe volles Verständnis dafür, wenn andere buddhistische Praktizierende dies missbilligen. Ich bin aber  insoweit ein echter und überzeugter Nydahlschüler, als ich finde, dass wir als Europäer nicht alles 1:1 von den Tibetern übernehmen müssen.

Asiaten gehen generell formell höflicher miteinander um als Europäer. In vielen Kulturen Asiens wird direkte Kritik immer und überall als extrem unschicklich angesehen. Ich bin der Meinung, dass unser absoluter Respekt den buddhistischen Lehren und weniger den Personen, die sie verkünden, gelten muss. Letztere verdienen unseren Respekt, weil sie Menschen sind und noch mehr Respekt, weil sie den Dharma lehren, allerdings auch ganz wesentlich: insoweit, als sie den Dharma lehren.

Offene Kritik ist unter Europäern üblich. Ich bin überzeugt davon, dass Nydahl selbst kein grundsätzliches Problem damit hätte, von mir kritisiert zu werden. 

[32] Obwohl der Buddhismus in all seinen Formen, vom Theravada bis zum Vajrayana, die gleichen Lehrinhalte hat, unterscheiden sich doch die Praxisformen. Auch zwischen den tibetischen Übertragungslinien gibt es hier Unterschiede, die es für den Anfänger, der wirklich schell Fortschritte machen will, ratsam erscheinen lassen, sich zunächst auf nur eine der Praxislinien zu stützen. Unterweisungen zu theoretischen Lerninhalten kann – und sollte – man trotzdem von allen Formen des Buddhismus empfangen.


[33] Nydahl gibt diese nicht in seinem eigenen Namen, sondern im Namen des 17. Karmapa Thaye Dorje.

[34] Zum Begriff „Samaya“ vgl. Anmerkung 30.

Es wird erzählt, Nydahl habe dem 16. Karmapa versprochen, sich jedes Jahr für mindestens einen Monat zur Meditation zurückzuziehen. Dies hat er nicht getan. Er kritisiert auch seine Lehrer, den Dalai Lama z.B. wegen dessen politischer Haltung im Konflikt um die Anerkennung des 17. Karmapa und Kalu Rinpoche wegen seiner unoffenen Haltung gegenüber seinen sexuellen Beziehungen. Wenn Nydahlanhänger sich durch Samayas an Nydahl gebunden fühlen, sollten sie auch solche Elemente berücksichtigen.

Dem 17. Karmapa gegenüber nimmt Nydahl eher eine etwas onkelhafte Haltung ein. Vor ca. 5 Jahren äußerte er sich noch dahingehend, der 16. Karmapa habe gesagt, dass der 17. noch besser werde als der 16. , davon könne man aber nichts bemerken. In letzter Zeit billigt er dem 17. Karmapa zu, dass der sich soweit ganz gut entwickle. Von jemandem, der das tibetische Tulku-System insoweit ernst nimmt, als er davon ausgeht, dass die neue Inkarnation quasi die unmittelbare Fortsetzung der Vorgängerexistenz ist, würde man etwas mehr Respekt erwarten.

[35] Einen Wurzelguru braucht man zwar hierfür nicht, aber kompetente Betreuung braucht man sehr wohl, da es sich auch bei den Praxisformen in den Nydahlzentren um tantrischen Buddhismus handelt.

Nydahl und seine Leute sind keinesfalls völlig inkompetent – wenn man etwas Glück hat, wird man auch hier im Einzelfall völlig korrekt beraten.

[36] Auch ich selbst gehöre zu der Sorte Mensch, deren Interesse für den Lernstoff in der Schule von denjenigen Lehrern stärker geweckt wurde, die nicht „eiskalt“ den Stoff durchpaukten, sondern Anekdötchen aus ihrem Leben und ab und an ein Witzlein einflochten sowie auch mal politisch etwas herumschwadronierten  - wobei auch zu sagen ist: dauerhaft gemerkt habe ich mir vor allem die Anekdoten und Witzchen; vom Lernstoff habe ich bei beiden Lehrertypen auf lange Sicht gleich wenig behalten.

[37] Auch wenn sie sich aus eigenem Vermögen finanzieren sollten – im Idealfall bereiten sie sich nicht einmal ihr Essen selbst zu oder machen irgendwelche Besorgungen.

[38]. In der „Patimokkha“ des Theravada  sind z.B. die buddhistischen Regeln für vollordinierte Mönche (Bhikkhu) mit 227 Regeln und vollordinierte Nonnen (Bhikkhunis) mit 311 Regeln enthalten.

[39] Auch in buddhistischen Ländern gab es Kriege (allerdings keine „heiligen“). Nicht alle Mönche und Nonnen waren Erleuchtete – das versteht sich von selbst. Sie hatten auch ihre Rivalitäten. Solche seltsamen Blüten wie eine  „heilige Inquisition“  trieben diese jedoch auch nie.

[40] Nydahl zieht sich nie für längere Zeit zur Meditation zurück. Hohe Meister wie Karmapa oder Gendün Rinpoche taten und tun dies sehr wohl. Ist Nydahl weiter fortgeschritten als diese  – oder hat er einfach keine Zeit für so nebensächliche Dinge wie Meditation?

[41] In der Satzung seiner Diamantweg-Stiftung hat Nydahl sehr genaue Regelungen für die Zeit nach seinem Ableben vorgesehen, vgl. http://www.diamantweg-stiftung.de/pdf/bsd_satzung.pdf

Hat er etwa kein Vertrauen zu seinen potentiellen Nachfolgern?

Auch Nydahlanhänger fragen zu diesem Thema immer wieder besorgt nach, vgl. hierzu die Mitgliederinformation: „Interview mit Lama Ole Nydahl u. Caty Hartung beim Zentrentreffen 2007“, Braunschweig, 27. Oktober 2007.

Dort wurde auch ein Modell für die Organisationsstruktur der Zeit nach Nydahl vorgestellt, das auf fünf Grundpfeilern beruht:

Karmapa, Reiselehrer, Zentren, Europazentrum, Kurse und Organisation

Traditionell orientierte Kagyü-Buddhisten werden sich vielleicht über den eher geringen Stellenwert wundern, der hier dem Linienoberhaupt, dem 17. Gyalwa Karmapa eingeräumt wird.

Zu den „Reiselehrern“ sei folgendes angemerkt:

Langjährige Nydahlanhänger können zu „Reiselehrern“ ernannt werden. Sie erhalten dann die Befugnis, in ihrer Region, ihrem Sprachraum oder weltweit in den Nydahlzentren Vorträge ausschließlich zu denjenigen buddhistischen Themen zu halten, die auch Nydahl in seinen Vorträgen aufgreift. Sie werden durch die einzelnen Zentren eingeladen. Ihre Unkosten werden durch die Eintrittspreise ihrer Vorträge und dort erzielte Spenden gedeckt.

Nach meinem Eindruck müssen sie zwei Qualifikationen mitbringen:

- unbedingte Loyalität zu Nydahl (entscheidendes Kriterium), und:

- die Fähigkeit, über ein gegebenes Thema, in das man sich vorher etwas eingearbeitet hat, ca. eine Stunde lang frei zu sprechen und dazu Fragen zu beantworten (auch wichtig, aber wohl nicht entscheidend).

Souverän referieren konnten alle „Reiselehrer“, die ich erlebt habe. Inhaltlich gab es aber große Unterschiede. Das Spektrum reichte von Leuten, die papageiengleich die Worte Nydahls wiedergaben - was besonders albern wirkte, wenn z.B. zierliche Frauen dabei auch noch das Machogehabe Nydahls reproduzierten - bis hin zu Leuten, die über die Themen in eigenen Worten sprechen und sie mit passenden Beispielen aus ihrer eigenen Lebenswirklichkeit illustrieren konnten, wobei man manchmal durchaus den Eindruck hatte, dass sie das, was sie sagten, auch verstanden hatten.

In den Nydahlzentren genießen die „Reiselehrer“ hohes Ansehen allein aufgrund ihres Status. Sie haben oft (so z.B. auch in Regensburg) eine inoffizielle Statthalterfunktion in den Nydahlzentren.

Ich habe den Eindruck gewonnen, dass diese „Reiselehrer“ untereinander in ein Netz von Intrigen verstrickt sind. Dies begründet meine negative Prognose für die Zeit nach Nydahl.
ओं वज्रसत्त्व समयमनुपालय वज्रसत्त्व त्वेनोपतिष्ठ दृढो मेभव सुतोष्यो मेभव सुपोष्यो मेभवानुरक्तो मेभव सर्व सिद्धिं मे प्रयच्छ सर्वकर्मसु च मे चित्तं श्रेय कुरु हूं ह ह ह ह होः भगवन्सर्वतथागतवज्र मा मे मुञ्च वज्री भव महासमयसत्त्व आः
Guru-Rinpoche-Mantra